Welche Anträge darf ein Rechtsanwalt in einem Kündigungsschutzverfahren stellen, zu dessen Durchführung er Prozesskostenhilfe für seinen Mandanten beantragt hat? Mit dieser Frage hatte sich das LArbG Hamm jüngst auseinanderzusetzen, als eine Arbeitnehmerin neben dem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG auch einen Weiterbeschäftigungsantrag sowie einen allgemeinen Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO gestellt hat.1 Die Klägerin hatte dazu ausgeführt, der allgemeine Feststellungsantrag soll dazu dienen, sie vor dem Wirksamwerden ggf. weiterer, zukünftig ggf. auch zwischen den Instanzen ausgesprochener und unbemerkt bleibender Kündigungen gemäß § 7 KSchG zu bewahren. Das Arbeitsgericht bewilligte Prozesskostenhilfe für den Kündigungsschutzantrag und wies ansonsten die Bewilligung von PKH zurück, den Feststellungsantrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses. Dies begründete das Arbeitsgericht damit, dass weitere Beendigungstatbestände nicht gegeben seien. Der sofortigen Beschwerde der Klägerin half das Arbeitsgericht nicht ab.

Das LArbG Hamm2 sah die Sache anders: Es entspreche den verfassungsrechtlichen Vorgaben, wenn die Gewährung von Prozesskostenhilfe in § 114 Satz 1 ZPO davon abhängig gemacht werde, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Daher dürfe Prozesskostenhilfe dann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen sei, die Erfolgschance aber nur eine entfernte sei.3 Unbemittelte müssten dabei nur solchen Bemittelten weitgehend gleichgestellt werden, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägen und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigten. Einer Besserstellung der Unbemittelten gegenüber Bemittelten stehe Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG entgegen.

Zur Notwendigkeit eines allgemeinen Feststellungsantrags gemäß § 256 ZPO nahm das LArbG Hamm Bezug auf die Rechtsprechung des BAG4, nach der in einer Kündigungsschutzklage zugleich der Angriff gegen solche Kündigungen liegt, die dem Arbeitnehmer noch während des Laufs der von der ersten Kündigung ausgelösten Auflösungsfrist zugehen und innerhalb dieser Frist oder zeitgleich mit ihrem Ablauf Wirkung entfallen sollen. Der allgemeine Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO hingegen habe zum Streitgegenstand, „ob das Arbeitsverhältnis über den durch eine Kündigung bestimmten Auflösungstermin hinaus bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung fortbestanden hat“.5

Im vom LArbG Hamm zu entscheidenden Fall endete das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der ausgesprochenen Kündigung zunächst am 30.09.2017, jedoch war das Verfahren bereits am 06.06.2017 eingeleitet worden. Daher bestand bei Erhebung der Klage erkennbar die Möglichkeit, dass es im Verlaufe des Verfahrens noch zum Ausspruch weitere Kündigungen kommen könnte, die nicht mehr vom Antrag gemäß § 4 Satz 1 KSchG umfasst sein würden.

Das Landesarbeitsgericht stimmte daher der Klägerin in ihrer Ansicht zu, dass es bei dieser Konstellation anwaltlicher Fürsorge entsprach, einen allgemeinen Feststellungsantrag bereits bei Klageerhebung zu stellen. Hinzu komme, dass diesem Antrag nach allgemeiner Ansicht kein eigener Streitwert laut Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit (Ziffer 17.2) zukomme. Daher würde es dem Grundsatz der weitgehenden Gleichbehandlung bemittelter und unbemittelter Parteien widersprechen, der unbemittelten Partei die Möglichkeit des vorsorglichen allgemeinen Feststellungsantrags mit Hinweis auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei Klageerhebung pauschal zu verweigern.

Dies hat das LArbG Frankfurt6 ebenso gesehen, nach dessen Ansicht für einen solchen allgemeinen Feststellungsantrag auch ohne Ausspruch einer weiteren Kündigung Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist. Voraussetzung ist nach Ansicht des LArbG Frankfurt7 lediglich, dass der allgemeine Feststellungsantrag mit der Möglichkeit von Folgekündigungen begründet wird.

Begrüßenswerterweise hat das LArbG Hamm festgestellt, dass die Stellung eines allgemeinen Feststellungsantrags nach § 256 ZPO der anwaltlichen Fürsorge entspricht.8 Die Gefahr, dass eine weitere Kündigung im Strudel der Ereignisse gerade beim Arbeitnehmer unbemerkt bleibt oder er einem Folgeschreiben des Arbeitgebers nicht diejenige Bedeutung beimisst, die diesem gebührt, ist im Laufe eines Kündigungsschutzverfahrens immer präsent. Folgekündigungen sind auch in der Praxis weit verbreitet. Es ist daher nur folgerichtig, dass Arbeitnehmervertreter mit der Stellung des allgemeinen Feststellungsantrags größtmögliche Sicherheit für ihre Mandanten erstreben. Diese nur der bemittelten, nicht jedoch der unbemittelten Partei zu gewähren, wäre tatsächlich nicht nachvollziehbar.

Fußnoten

1) LArbG Hamm, Beschl. v. 14.11.2017 – 5 Ta 555/17.
2) LArbG Hamm, Beschl. v. 14.11.2017 – 5 Ta 555/17.
3) BVerfG, Beschl. v. 13.03.1990 – 2 BvR 94/88 – BVerfGE 81, 347.
4) BAG, Urt. v. 18.12.2014 – 2 AZR 163/14 – BAGE 150, 234.
5) BAG, Urt. v. 18.12.2014 – 2 AZR 163/14 Rn. 24 m.V. auf BAG, Urt. v. 20.03.2014 – 2 AZR 1071/12 Rn. 18; BAG, Urt. v. 26.09.2013 – 2 AZR 682/12 Rn. 31 – BAGE 146, 161.
6) LArbG Frankfurt, Beschl. v. 09.11.2006 – 2 Ta 472/06.
7) LArbG Frankfurt, Beschl. v. 09.11.2006 – 2 Ta 472/06 Rn. 10.
8) LArbG Hamm, Beschl. v. 14.11.2017 – 5 Ta 555/17.

Erschienen im: AnwZert ArbR 3/2018 Anm. 1