Die digitale Personalakte ist da. Die meisten Unternehmen haben bereits umgestellt und nutzen die Digitalisierung gleichzeitig, um sich von der Papierflut zu befreien. Doch die Befreiung von der Papierflut, die normalerweise mit einer Vernichtung der Originale einhergeht, bringt auch Nachteile, sofern nicht die Digitalisierung oder die Prüfung, welche Dokumente im Original erhalten werden müssen, mit allergrößter Sorgfalt geschehen. Dies wurde einer Arbeitgeberin in einem Verfahren vor dem LArbG Köln1 deutlich vor Augen geführt.
Die Parteien stritten sich über die Wirksamkeit einer Befristung und mehrerer von der Beklagten vorsorglich erklärten ordentlichen Kündigungen. Die Beklagte berief sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und kündigte das Arbeitsverhältnis vorsorglich mit drei Schreiben. Der Kläger, der gegen die Wirksamkeit der Befristung und die ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigungen Klage erhoben hatte, trug vor, der befristeten Verlängerungsvereinbarung fehle die Schriftform. Die Beklagte behauptete, dass der Kläger eine befristete Verlängerungsurkunde erhalten habe, die von ihr bereits im Original unterschrieben war. Der Kläger bestritt dies mit „Nicht-mehr-Wissen“; er könne sich nur noch erinnern, dass er die Urkunde damals an die Beklagte auf dem Postweg übersandt habe. Die Beklagte war nicht imstande, den befristeten Verlängerungsvertrag vom 29.07.2022 im Original vorzulegen. Bei der Beklagten wurden die Personalakten digital geführt, weshalb nur noch das eingescannte Dokument aufbewahrt wurde, nicht mehr jedoch das Original. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht sahen die Beweislast für eine formwirksame Befristungsabrede weiterhin bei der Beklagten. Das Bestreiten des Klägers mit „Nicht-mehr-Wissen“ sei zulässig. Zwar sei nach § 138 Abs. 4 ZPO „eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlung der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind“. Doch obwohl diese Voraussetzungen an sich vorliegen – der Kläger hatte das Schriftstück erhalten und selbst unterzeichnet – muss es nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts „einer Prozesspartei möglich sein, Tatsachen, die sie zum Zeitpunkt ihres Prozessvortrages nicht mehr weiß und auch nicht zumutbar durch Nachforschungen feststellen kann, mit nicht-mehr-Wissen zu bestreiten“.2 Da der Kläger nach Ansicht des LArbG Köln plausibel gemacht habe, sich an den maßgeblichen Vorgang nicht mehr erinnern zu können, hätte die Beklagte die von beiden Parteien unterzeichnete Verlängerungsabrede im Original vorlegen müssen, was sie jedoch nicht konnte.
Das Landesarbeitsgericht erläutert zwar nicht näher, worin sich die nachvollziehbare Darlegung des Klägers, warum er sich nicht mehr deutlich erinnern könne, ob die Urkunde unterschrieben war oder nicht, bestanden hat. Letztlich sollten sich Arbeitgeber jedoch stets bewusst sein, dass in prozessualer Hinsicht immer wieder Situationen eintreten können, in denen die Vorlage eines Dokuments im Original und nicht nur als Scan erforderlich sein wird. Hierbei handelt es sich vor allem um Dokumente, die der Schriftform unterliegen, wie befristete Arbeitsverträge (§ 14 Abs.4 TzBfG), Aufhebungsverträge (§ 623 BGB), Kündigungserklärungen, aber auch die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes (§ 74 Abs. 1 HGB) oder Arbeitsverträge, in denen ein solches enthalten ist. Auch bei Einführung der digitalen Personalakte sollten diese Dokumente somit in jedem Fall im Original erhalten bleiben.