Betriebsratsmitglieder und insbesondere der Betriebsratsvorsitzende haben zahlreiche Verfahrensvorschriften zu beachten, nicht zuletzt diejenigen zur Geschäftsführung des Betriebsrats, wobei gerade bei der ordnungsgemäßen Einberufung der Betriebsratssitzungen und bei der Beschlussfassung des Betriebsrats besonders leicht Fehler passieren können.
In Streitigkeiten mit dem Betriebsrat suchen Arbeitgeber daher oftmals auch nach Verfahrensfehlern. Eine aktuelle Entscheidung des LArbG Erfurt1 macht nochmals deutlich, dass es für Arbeitgeber weiterhin schwer sein wird, sich auf eine fehlerhafte Einladung der Betriebsratsmitglieder zu einer Betriebsratssitzung zu berufen. Es hat nämlich festgestellt, dass eine mangels Übermittlung der Tagesordnung verfahrensfehlerhafte Einladung zu einer Betriebsratssitzung durch die im Übrigen ordnungsgemäß geladenen Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats in der Betriebsratssitzung geheilt werden kann. Voraussetzung ist, dass der Betriebsrat beschlussfähig i.S.d. § 33 Abs. 2 BetrVG ist und die Anwesenden einstimmig beschließen, über einen Regelungsgegenstand zu beraten und abzustimmen. Es ist hierbei nicht erforderlich, dass in dieser Sitzung alle Betriebsratsmitglieder teilnehmen.2 Erforderlich ist auch nicht, dass über die Ergänzung der Tagesordnung getrennt abgestimmt wird. Vielmehr reicht es aus, dass kein anwesendes Betriebsratsmitglied der Beschlussfassung über den neuen Tagesordnungspunkt widerspricht.3 Ob dies geschehen ist, ergibt sich in der Regel aus der Sitzungsniederschrift.
Die Anforderung des BAG, dass ein einstimmiger Beschluss aller anwesenden Betriebsratsmitglieder zur Anpassung der Tagesordnung erforderlich sein muss, erscheint zwar nicht unbedingt praxistauglich,4 weil gerade in dringenden Fällen, in denen sich ein Betriebsratsmitglied gegen eine Anpassung der Tagesordnung ausspricht, der erforderliche Beschluss nur im Rahmen einer erneuten Sitzung unter Wahrung aller Verfahrensvorschriften gefasst werden kann. Dennoch gibt die aktuelle Rechtsprechung dem Betriebsrat die Möglichkeit, in Maßen flexibel zu reagieren, sofern sich nur alle Betriebsratsmitglieder einig sind.
Im zweiten Beitrag unserer Ausgabe „Wie wird eine Weiterbeschäftigungsverpflichtung vollstreckt?“ von Dr. Daniel Stille (Aufsatz 2) geht es nicht nur um den Weiterbeschäftigungsanspruch an sich, sondern auch um die in der Praxis letztlich entscheidende Frage, wie der titulierte Weiterbeschäftigungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber vollstreckt werden kann. Und da meist jedem Weiterbeschäftigungsanspruch ein Arbeitgeber gegenübersteht, der diesen verhindern möchte, geht Herr Dr. Stille auch auf die für den Arbeitgebervertreter besonders relevanten Fragen ein, welche Einwendungen der Arbeitgeber dem Weiterbeschäftigungsanspruch entgegenhalten kann und welche Möglichkeiten der Arbeitgeber hat, die Vollstreckung letztlich doch noch zu verhindern.
- LArbG Erfurt, Beschl. v. 24.10.2023 – 1 TaBV 25/21. ↩︎
- BAG, Beschl. v. 22.11.2017 – 7 ABR 46/16 Rn. 14; BAG, Beschl. v. 15.04.2014 – 1 ABR 2/13 Leitsatz. ↩︎
- BAG, Beschl. v. 15.04.2014 – 1 ABR 2/13 Rn. 37; BAG, Beschl. v. 18.02.2003 – 1 ABR 17/02 Rn. 50; BAG, Beschl. v. 29.04.1992 – 7 ABR 74/91 Rn. 28. ↩︎
- Vgl. hierzu Wedde in: Däubler/Klebe/Wedde, Betriebsverfassungsgesetz, § 29 Rn. 24 ff. ↩︎