Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG muss ein Arbeitgeber mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Einstellung unterrichten und seine Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einholen. Der Arbeitgeber kann daher Einstellungen nur

• nach Zustimmung des Betriebsrats (bzw. nach Eintritt der Zustimmungsfiktion gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG)
• oder deren rechtskräftigen Ersetzung in einem Verfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG
• oder als vorläufige personellen Maßnahme bei aus sachlichen Gründen dringender Erforderlichkeit gemäß § 100 BetrVG

vornehmen.

Führt der Arbeitgeber hingegen eine personelle Maßnahme ohne Zustimmung des Betriebsrats durch oder hält er eine vorläufige personelle Maßnahme entgegen § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG oder Abs. 3 aufrecht, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben, § 101 Satz 1 BetrVG. Hebt der Arbeitgeber sodann entgegen einer rechtskräftig ergangenen gerichtlichen Entscheidung die personelle Maßnahme immer noch nicht auf, so kann der Betriebsrat vom Arbeitsgericht ein Zwangsgeld gegen den Arbeitgeber verhängen lassen, § 101 Satz 2 BetrVG.

Will der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer personellen Maßnahme verweigern, so muss er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber schriftlich tun, § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber seine Zustimmungsverweigerung nicht oder nicht frist- oder formgerecht mit, so gilt seine Zustimmung als erteilt (sog. Zustimmungsfiktion) und der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Einstellung nach § 101 Satz 1 BetrVG aufzuheben. Der Arbeitgeber kann im Verfahren nach § 101 Satz 1 BetrVG auch einwenden, dass die Zustimmung des Betriebsrats auch deshalb als erteilt gilt, weil dieser seine Zustimmungsverweigerung nicht unter Angabe beachtlicher Gründe i.S.v. § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erklärt hat, so das BAG1 in einer aktuellen Entscheidung.

Entscheidend ist jedoch stets, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat „vor“ der Einstellung unterrichtet hat und ihn um die Zustimmung zur „geplanten“ Einstellung gebeten hat. Hat der Arbeitgeber die Einstellung jedoch bereits durchgeführt, geht eine diesbezügliche Unterrichtung des Betriebsrats ins Leere.

Dies hat das BAG festgestellt, nachdem ein Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats zu einer Einstellung nicht gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG eingeholt hatte. Der Betriebsrat begehrte daraufhin die Aufhebung der Einstellung nach § 101 BetrVG vor dem Arbeitsgericht. Im Anschluss an den Gütetermin unterrichtete der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG vorsorglich über die streitgegenständliche Einstellung. Der Betriebsrat teilte dem Arbeitgeber fristgerecht mit, dass er der rückwirkenden Einstellung u.a. deshalb nicht zustimmen werde, da die nachträgliche Unterrichtung zu einer bereits erfolgten Maßnahme nicht zulässig sei; daher sei die Einstellung auch nach § 101 BetrVG aufzuheben. Der Arbeitgeber ging hingegen davon aus, dass die Zustimmung des Betriebsrats jedenfalls durch die inzwischen erfolgte Anhörung gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gelte; denn er habe den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet, dieser habe jedoch seine Zustimmungsverweigerung nicht in beachtlicher Weise begründet.

Das Arbeitsgericht gab dem Antrag des Betriebsrats statt.2 Auf die Beschwerde des Arbeitgebers hin hatte das Landesarbeitsgericht jedoch den erstinstanzlichen Beschluss abgeändert und den Antrag abgewiesen.3

Das BAG hielt die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats für begründet. Der Arbeitgeber führe nämlich die Einstellung nach wie vor ohne Zustimmung des Betriebsrats durch. Dieser habe weder ausdrücklich zugestimmt noch wurde seine Zustimmung gerichtlich ersetzt. Die vorsorgliche nachträgliche Unterrichtung über die Einstellung führe auch nicht zu einer Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG. Denn Voraussetzung für den Eintritt der gesetzlichen Fiktion sei stets eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats, und zwar „vor“ der Einstellung des betreffenden Arbeitnehmers. Zweck des Mitbestimmungsrechts sei es nämlich, dass die Beteiligung des Betriebsrats zu einer Zeit erfolge, zu der noch keine abschließende und endgültige Entscheidung getroffen worden sei oder eine solche Entscheidung zumindest ohne Schwierigkeiten noch revidiert werden könne.4 Unterrichte der Arbeitgeber den Betriebsrat erst nach Aufnahme der tatsächlichen Beschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb, sei die Unterrichtung des Betriebsrats nicht fristgerecht und damit nicht ordnungsgemäß. Sie könne daher den Eintritt der gesetzlichen Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nicht bewirken.5

Hat der Arbeitgeber somit ein betriebliches Zustimmungsverfahren bereits erfolglos vorgenommen, verliert die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats ihre Wirkung nicht dadurch, dass der Arbeitgeber vorsorglich nochmals einen Antrag auf Zustimmung zu der Maßnahme stellt. Erforderlich wäre nach Ansicht des BAG vielmehr gewesen, dass der Arbeitgeber von seiner ursprünglichen Maßnahme Abstand genommen hätte und eine eigenständige, neue personelle Einzelmaßnahmen eingeleitet hätte. Eine ohne Beteiligung des Betriebsrats und damit betriebsverfassungswidrig durchgeführte Einstellung kann der Arbeitgeber nicht dadurch heilen, dass er das Beteiligungsverfahren nachholt, ohne zuvor die Einstellung aufzuheben.

Arbeitgeber, die sich mit einem Aufhebungsverfahren nach § 101 BetrVG konfrontiert sehen, müssen daher von der ursprünglichen Maßnahme Abstand nehmen, wenn sie ein neues Besetzungsverfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einleiten wollen. Wird die durchgeführte Einstellung jedoch weiterhin aufrechterhalten, bleibt diese auch dann betriebsverfassungswidrig, wenn der Betriebsrat seine Zustimmung hierzu nicht erteilt.6 Erst dann also, wenn der Arbeitgeber von der ursprünglich beabsichtigten Einstellung Abstand nimmt und ein neues Mitbestimmungsverfahren zu einer neuen Einstellung einleitet, erledigt sich das die ursprüngliche Maßnahme betreffende Verfahren nach § 101 BetrVG. Daran ändert auch eine mögliche Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nichts. Denn diese hätte sich immer auf die „alte“, nicht jedoch auf die „neu geplante“ Einstellung bezogen.

Fußnoten

1) BAG, Beschl. v. 21.11.2018 – 7 ABR 16/17 m. Anm. Fischer, jurisPR-ArbR 19/2019, Anm. 7.
2) ArbG Essen, Beschl. v. 04.05.2016 – 4 BV 4/16.
3) LArbG Düsseldorf, Beschl. v. 20.12.2016 – 14 TaBV 57/16.
4) BAG, Beschl. v. 21.11.2018 – 7 ABR 16/17 mit Verweis auf BAG, Beschl. v. 09.12.2008 – 1 ABR 74/07 Rn. 24 – BAGE 128, 351; BAG, Beschl. v. 28.04.1992 – 1 ABR 73/91 Rn. 24 – BAGE 70, 147.
5) BAG, Beschl. v. 21.11.2018 – 7 ABR 16/17 m. Anm. Fischer, jurisPR-ArbR 19/2019, Anm. 7.
6) BAG, Beschl. v. 21.11.2018 – 7 ABR 16/17 Rn. 22.