Wann hat es sich in Arbeitgeberkreisen endlich herumgesprochen, dass Kündigungen per WhatsApp nicht wirksam ausgesprochen werden können? Diese Frage haben sich sicherlich schon viele Kollegen gestellt, die einmal mehr mit einer per WhatsApp zugestellten Kündigung konfrontiert waren. Die „Freude“ über diesen Umstand variiert dann je nachdem, ob man den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer vertritt.
Gemäß § 623 BGB bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Das Schriftformerfordernis ist nach § 126 Abs. 1 BGB jedoch nur dann gewahrt, wenn die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wurde. Die Kündigungserklärung muss dem Arbeitnehmer daher mittels eines Schreibens zugehen, das mit der eigenhändigen Unterschrift des Kündigungsberechtigten abschließt. Eine per WhatsApp zugestellte Kündigung genügt diesem Schriftformerfordernis nicht. Sie ist wegen des Verstoßes gegen die Schriftform (§§ 623, 126 Abs. 1 BGB) nichtig, § 125 Abs. 1 BGB. Ein Arbeitsverhältnis der Parteien kann daher auf diese Weise nicht wirksam beendet werden.
In einem vom LArbG München1 zu entscheidenden Fall berief sich der Arbeitgeber, der eine außerordentliche fristlose Kündigung zum 02.09.2020 per WhatsApp ausgesprochen hatte, jedoch auf den Grundsatz von Treu und Glauben, nach dem es dem Kläger verwehrt gewesen sein soll, sich auf den Formmangel zu berufen. Denn der Kläger habe den Kündigungszugang vereitelt, indem er ihm, dem Arbeitgeber, die aktuelle Anschrift nicht mitgeteilt habe und sich auch auf mehrere telefonische Anfragen des Arbeitgebers hin geweigert habe, seine aktuelle Adresse mitzuteilen. Das LArbG München sah hingegen keinen Anlass, nach § 242 BGB über den Formmangel hinwegzusehen. Denn der Arbeitgeber habe sich lediglich darauf beschränkt zu behaupten, dass der Kläger seinen Einsatzort am 02.09.2020 verlassen und seine aktuelle Anschrift nicht mitgeteilt habe. Er habe darüber hinaus jedoch nicht dargelegt, „wann der Kläger durch wen auf welche Art und Weise erfolglos um Mitteilung seiner neuen Anschrift aufgefordert worden“ sei, ferner nicht, dass er den Kläger per WhatsApp vergeblich nach seiner neuen Anschrift gefragt habe, obwohl er über dieses Medium mit ihm kommuniziert habe. Das daraus folgende Ergebnis (eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der WhatsApp-Kündigung kam nicht in Betracht) war nach Ansicht des LArbG München für den Beklagten auch nicht schlechthin untragbar, denn das Arbeitsverhältnis wurde jedenfalls zum 15.02.2021 beendet und dem Beklagten wäre sogar noch eine frühere Beendigung möglich gewesen, wenn er nach Zugang der Kündigungsschutzklage die darin benannte Klageanschrift für die Zustellung der Kündigung gewählt hätte. Auch eine Übersendung der Kündigungserklärung an den Prozessbevollmächtigten des Klägers wäre möglich gewesen.
Will sich ein Arbeitgeber daher in einem Fall wie dem Vorliegenden auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen, setzt dies voraus, dass das Ergebnis für den Arbeitgeber nicht nur hart, sondern schlechthin untragbar ist.2 Zudem sollte er – folgt man dem LArbG München – so konkret wie möglich vortragen, dass ihm eine Zustellung der schriftlichen Kündigung an den Arbeitnehmer persönlich oder an dessen Anschrift, etwa im Wege der Postnachsendung, nicht möglich war,3 ferner, welche Versuche unternommen wurden und wie und wann der Arbeitnehmer die Zustellung der Kündigung vereitelt hat. Denn die Kriterien für einen Verstoß gegen Treu und Glauben sind streng. Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben liegt auch nicht in der widerspruchslosen Entgegennahme einer formnichtig erklärten Kündigung.4 Der Kündigungsempfänger kann sich auch erst später bis an die Grenze der Verwirkung auf das Schriftformerfordernis berufen. Hier ist allerdings Vorsicht geboten, da es gerade im Hinblick auf die Verwirkung keine festen zeitlichen Grenzen gibt, sondern es im Einzelfall auf das Zusammenspiel von Umstands- und Zeitmoment ankommt.5
1) LArbG München, Urt. v. 28.10.2021 – 3 Sa 362/21.
2) Vgl. zu dieser Problematik Greiner in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 6. Aufl., § 623 BGB Rn. 46; Müller-Glöge in: ErfKomm, 22. Aufl. 2022, § 623 BGB Rn. 24 m.w.N.
3) LArbG München, Urt. v. 28.10.2021 – 3 Sa 362/21 Rn. 27.
4) BAG, Urt. v. 19.05.1988 – 2 AZR 596/87 Rn. 35.
5) Greiner in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, § 623 BGB Rn. 48.
(AnwZert ArbR 2022)