Zahlreiche Arbeitgeber vereinbaren mit ihren Arbeitnehmern neben einer monatlichen Grundvergütung noch einen variablen Gehaltsbestandteil mit dem Ziel, das Jahreszieleinkommen nach dem Grad der Zielerreichung durch den Arbeitnehmer auszurichten. Dass eine solche Vereinbarung aufgrund der gewählten Formulierung, deren möglicher Intransparenz und der mangelnden Einflussnahme des Arbeitnehmers auf die Erreichung seiner Ziele für den Arbeitgeber teuer werden kann, zeigt eine aktuelle Entscheidung des LArbG Frankfurt1, in welcher das Landesarbeitsgericht den vom Arbeitgeber zu zahlenden variablen Vergütungsanteil gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil festgelegt hat.

In dem zu entscheidenden Fall traf der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer folgende arbeitsvertragliche Zusatzregelung: „Ihr monatliches Brutto-Grundgehalt beträgt mit Eintritt in unser Unternehmen Euro 14.000,00 (i.W. Euro vierzehntausend). Zusätzlich zu Ihrem monatlichen Brutto-Grundgehalt ist ein variabler Gehaltsbestandteil vereinbart, der sich nach Ihren arbeitsvertraglichen Vereinbarungen sowie der jeweils für Sie gültigen Regelung zum ‚Vergütungsmodell für den variablen Gehaltsbestandteil’ richtet. Danach kann das Jahreszieleinkommen je nach dem Grad der Zielerreichung über-, aber auch unterschritten werden. Das Unternehmen behält sich vor, mit Wirkung zu Beginn eines jeden Geschäftsjahres das Vergütungsmodell für den variablen Gehaltsbestandteil im Rahmen des rechtlich Zulässigen zu ändern. Die Komponenten Ihres variablen Gehaltsbestandteils werden Ihnen in einem separaten Schreiben mitgeteilt.

Mit Eintritt in unser Unternehmen beträgt ihr vertraglich vereinbarter variabler Gehaltsbestandteil 40%, bezogen auf 100% Jahreszieleinkommen. Ihr derzeitiger variabler Gehaltsbestandteil beträgt Euro 112.000,00 p.a..

Bei Annahme einer 100%igen Ausschüttung Ihres variablen Gehaltsbestandteils ergibt sich ein Jahreseinkommen i.H.v. brutto Euro 280.000,00 (i. W. zweihundertachtzigtausend Euro).“

Sodann erstellte die Beklagte einseitig für die Geschäftsjahre 2015 und 2016 jeweils die als Richtlinie A bezeichnete Zielvorgabe. In dieser war festgelegt, dass eine variable Vergütung überhaupt nur dann ausgezahlt werden könne, wenn zunächst – auf Stufe 1 – im Unternehmensergebnis eine bestimmte Messgröße erreicht wird. Voraussetzung für den Anspruch auf Auszahlung der variablen Vergütung war somit eine effektive Zielerreichung von mindestens 80% für die unternehmensbezogenen Messgrößen B und C. Sollte eine der beiden Messgrößen (B oder C) nicht erreicht werden, bestand nach der Richtlinie A kein Anspruch für den Mitarbeiter auf Auszahlung der variablen Vergütung.

Für das Geschäftsjahr 2015 leistete die Beklagte keinen und für das Geschäftsjahr 2016 einen variablen Gehaltsbestandteil i.H.v. nur 891,71 Euro brutto. Der Arbeitnehmer war nicht bereit, sich mit diesem Betrag zufrieden zu geben und klagte auf Zahlung eines variablen Gehaltsbestandteils für 2015 und 2016. Sowohl das ArbG Wiesbaden als auch das LArbG Frankfurt2 haben seinem Begehren stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Arbeitnehmer insgesamt 195.108,29 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen. Die Festsetzung des variablen Vergütungsbestandteils auf Null für das Geschäftsjahr 2015 und auf 891,71 Euro brutto für das anteilige Geschäftsjahr 2016 entspreche – so das Landesarbeitsgericht – nicht dem billigen Ermessen. Diese Festsetzung der Beklagten sei unverbindlich und habe daher durch Urteil zu erfolgen.

Das LArbG Frankfurt sah in der Richtlinie einen Verstoß gegen das Transparenzgebot, der darin liege, dass der Arbeitgeber sich einerseits zur Zahlung einer variablen Vergütung verpflichtet habe, andererseits jedoch widersprüchlich einen Anspruch auf Zahlung dieses Gehaltsbestandteils in einer anderen Vertragsklausel ausschließe. Die unangemessene Benachteiligung liege vor allem darin, dass die Gefahr bestehe, dass der Vertragsverwender wegen der unklar abgefassten allgemeinen Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnehme.3

Der Inhalt der Richtlinie A, nach der eine variable Vergütung nur dann ausgezahlt werden könne, wenn im Unternehmensergebnis eine bestimmte Messgröße B erreicht werde, verstößt somit nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 BGB und ist deshalb unwirksam. Dadurch werde nämlich der dem Grunde nach zugesagte variable Vergütungsbestandteil wiederum ausgeschlossen, was den Arbeitnehmer benachteilige. Denn zu keiner Zeit war der gänzliche Wegfall des variablen Vergütungsbestandteils zwischen den Parteien vereinbart. Vielmehr sollte der Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, die Höhe der Auszahlung eines variablen Gehaltsbestandteils durch seine persönliche Leistung zu beeinflussen. Diese Möglichkeit habe ihm die Beklagte genommen, indem sie auf der sog. ersten Stufe zunächst einen unternehmerischen Schwellenwert festgelegt hatte, bei dem die Erreichung der persönlichen Ziele durch den Arbeitnehmer noch überhaupt keine Rolle spielte. Die Höhe des für den Arbeitnehmer relevanten Bonus wurde erst auf der zweiten Stufe relevant, und zwar erst dann, wenn der ausschließlich anhand der globalen und regionalen Unternehmensziele zu bestimmende unternehmerische Schwellenwert auf der ersten Stufe überhaupt erreicht worden sei. Dies war aus Sicht des Landesarbeitsgerichts für den Leistungsbezug des Bonussystems nicht ausreichend. Der Sinn einer solchen Zielvereinbarung bestehe vielmehr darin, die tatsächlich erbrachten Leistungen des Arbeitnehmers angemessen zu honorieren. Dass die Beklagte in den Geschäftsjahren 2015 und 2016 hinter ihren Geschäftszielen zurückblieb und den Schwellenwert nach Stufe 1 überhaupt nicht erreichte, führte dazu, dass die Erreichung der persönlichen Ziele des Klägers keine Berücksichtigung fand und die vorgenommene Leistungsbestimmung durch die Beklagte ermessensfehlerhaft war.

Zudem müsse – so das LArbG Frankfurt unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BAG – immer dann, wenn der Arbeitgeber nach § 315 BGB über einen Bonusanspruch zu entscheiden habe, der gleichermaßen auf der Ertragslage des Unternehmens wie auf der Leistung des Arbeitnehmers beruhe, das Bonusbudget regelmäßig eine Größenordnung erreichen, die den Leistungsbezug des Bonussystems beachtet.4

Aufgrund dieser Umstände erfolgte die Leistungsbestimmung § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil des LArbG Frankfurt, wonach die Beklagte an den Kläger noch 112.000 Euro brutto für das Geschäftsjahr 2015 und anteilig für den Zeitraum 2016 i.H.v. 83.108,29 Euro brutto zu zahlen hatte. Aus Sicht des Landesarbeitsgerichts entsprach es billigem Ermessen, den variablen Gehaltsbestandteil des Klägers auf 40% bezogen auf 100% Jahreszieleinkommen festzusetzen. – Für den Arbeitgeber ein herber Schlag. Der Rechtsstreit ist derzeit beim BAG anhängig.5

Koppeln Arbeitgeber variable Vergütungsbestandteile an Zielvereinbarungen, die neben der eigenen Leistung des Arbeitnehmers auch die Ertragslage des Unternehmens berücksichtigen, muss – so das BAG – das vom Arbeitgeber „festzusetzende Budget in Abhängigkeit von der Ertragslage eine Größenordnung erreichen, die den Leistungsbezug des Bonussystems beachtet und ausreicht, die durch Abschluss von Zielvereinbarungen angestrebten und tatsächlich erbrachten Leistungen angemessen zu honorieren. Die Leistungsbestimmung entspricht in einem solchen Fall regelmäßig nur dann billigem Ermessen, wenn vereinbarte und erreichte persönliche Ziele ihren angemessenen Ausdruck in dem festgelegten Leistungsbonus finden. Deshalb kommt, wenn der Arbeitnehmer die Ziele erreicht, nur in Ausnahmefällen (z.B. die Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009) eine Festsetzung des Bonus auf ‚Null’ in Betracht.“6

Fußnoten

1) LArbG Frankfurt, Urt. v. 07.06.2018 – 19 Sa 846/17.
2) LArbG Frankfurt, Urt. v. 07.06.2018 – 19 Sa 846/17.
3) BAG, Urt. v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06.
4) BAG, Urt. v. 19.03.2014 – 10 AZR 622/13.
5) Anhängig beim BAG (Az.: 10 AZN 703/18).
6) BAG, Urt. v. 19.03.2014 – 10 AZR 622/13 – BAGE 147, 322.