Viele Arbeitgeber, die den Betriebsrat zu einer beabsichtigten Kündigung anhören, sind der Ansicht, dass sie sich um das ordnungsgemäße Zustandekommen des vom Betriebsrat gefassten Beschlusses, beispielsweise der Zustimmung zu einer Kündigung, nicht zu sorgen haben. Es sei Sache des Betriebsrats, sich um eine ordnungsgemäße Beschlussfassung zu kümmern. Liege die Zustimmung des Betriebsrats erst einmal vor, sei er, der Arbeitgeber, „auf der sicheren Seite“.

In der Tat sind Mängel, die im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG aus der Sphäre des Betriebsrats stammen, grundsätzlich unbeachtlich und führen nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung.

Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt weiß oder erkennen kann, dass der Betriebsrat die Angelegenheit nicht fehlerfrei behandelt hat. Nach Ansicht des BAG [1] gehen solche Fehler – etwa die Abgabe der Stellungnahme durch ein dafür unzuständiges Mitglied des Betriebsrats – schon deshalb nicht zu Lasten des Arbeitgebers, weil dieser keine rechtliche Möglichkeit eines Einflusses auf die Beschlussfassung des Betriebsrats hat. Etwas anderes kann – so das BAG[2] – ausnahmsweise dann gelten, wenn erkennbar keine Stellungnahme des Gremiums „Betriebsrat“, sondern etwa nur eine persönliche Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden vorliegt oder der Arbeitgeber den Fehler des Betriebsrats durch unsachgemäßes Verhalten selbst veranlasst hat.

Diese Grundsätze sind nach der Rechtsprechung des LArbG Rheinland-Pfalz unter Berufung auf das BAG[3] jedoch nicht auf das Verfahren nach § 103 BetrVG anwendbar, wie eine Entscheidung des LArbG Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2013 zeigt.[4]

Der Kläger war Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten dreiköpfigen Betriebsrats, dem noch Frau K als stellvertretende Vorsitzende und Frau C als ordentliches Mitglied angehörten. Ersatzmitglieder waren in nachfolgender Reihenfolge Frau M, Frau AK und Frau A. Die Beklagte beabsichtigte, das Arbeitsverhältnis des Klägers wegen eines Vermögensdelikts zu kündigen. Gemäß § 15 Abs. 1 KSchG konnte das Arbeitsverhältnis des Klägers nur noch außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn vorher die nach § 103 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats vorlag.

Unter dem 14.12.2011 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers mit dem Formular „Anhörung des Betriebsrats zu einer Kündigung nach § 102 BetrVG“ an. Am folgenden Tag erreichte das gleiche Formular die Beklagte mit einer Stellungnahme des Betriebsrats, in dem dieser die Rubrik „Zustimmung“ angekreuzt hatte. Die Stellungnahme des Betriebsrats trug als Unterschrift – jeweils unter Voranstellung des Kürzels „i.A.“ – die Unterschriften von Frau C und Frau M. Am 20.12.2011 hörte die Beklagte den Betriebsrat erneut an, diesmal unter Verwendung des Formulars „Anhörung des Betriebsrats zu Kündigungen nach § 103 BetrVG“. Noch am gleichen Tag gab der Betriebsrat seine Stellungnahme ab, indem er auf dem Formular in der Rubrik „Zustimmung“ ein Kreuz machte. Das Formular war von Frau C, Frau M und Frau A unterschrieben. Die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, Frau K, befand sich zum Zeitpunkt beider Anhörungen und Stellungnahmen in Urlaub.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das LArbG Rheinland-Pfalz hielten die Kündigung aufgrund des Fehlens der nach § 103 BetrVG erforderlichen Zustimmung des Betriebsrats für unwirksam.

Der der Zustimmung des Betriebsrats zu Grunde liegende Beschluss des Betriebsrats der Beklagten war nach Ansicht des LArbG Rheinland-Pfalz nichtig.

Ein Betriebsratsbeschluss ist dann nichtig, wenn er entweder einen gesetzeswidrigen Inhalt hat oder nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Jedoch führen nur grobe Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, die für das Zustandekommen als wesentlich anzusehen sind, zur Nichtigkeit eines Betriebsratsbeschlusses.

Grundsätzlich hat der Betriebsrat bei einem Zustimmungsersuchen des Arbeitgebers seine Beschlüsse wie folgt zu fassen: Zunächst lädt der Betriebsratsvorsitzende oder bei dessen Verhinderung sein Stellvertreter rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung nach § 29 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zu einer Betriebsratssitzung. Zu diesen Sitzungen sind die Betriebsratsmitglieder und im Falle der Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds ein Ersatzmitglied zu laden (§ 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Hierbei hat die Ladung der Ersatzmitglieder in einer bestimmten Reihenfolge zu erfolgen, § 25 Abs. 2 BetrVG. Es handelt sich hierbei um wesentliche Verfahrensvorschriften, deren Nichtbeachtung zur Nichtigkeit des Beschlusses führt.[5]

Vorliegend war der Betriebsratsvorsitzende aufgrund eigener Betroffenheit aus rechtlichen Gründen verhindert. Seine Stellvertreterin war aufgrund ihres Urlaubs verhindert. An den Tagen der Beschlussfassung bestand der Betriebsrat somit aus dem ordentliche Mitglied C und den Ersatzmitgliedern Frau M und Frau AK. An der Beschlussfassung vom 20.12.2011 war das Ersatzmitglied A beteiligt. Dieses war jedoch in Anwendung des § 25 Abs. 2 BetrVG nicht infolge der Verhinderung des Klägers und der stellvertretenden Vorsitzenden vorübergehend nachgerückt. Ob auch das Ersatzmitglied Frau AK verhindert war, war nicht ersichtlich.

Die Beklagte vertrat die Auffassung, sie gehe davon aus, dass Frau C die formalen Voraussetzungen für einen wirksamen Beschluss geschaffen habe, aber offenbar die beiden Ersatzmitglieder nicht erreicht habe oder diese seien wohl an einer Teilnahme verhindert gewesen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Betriebsratsbeschluss nichtig war. Denn die Ladung zu einer Betriebsratssitzung hat rechtzeitig zu erfolgen, und zwar so, dass die Teilnehmer sich für die Sitzung freimachen und sich angemessen vorbereiten können. Es hängt von den Umständen ab, welche Einladungsfrist angemessen ist. Jedoch verbleibt dem Betriebsrat in entsprechender Anwendung des § 102 Abs. 2 Satz 2 BetrVG auch im Falle des § 103 BetrVG eine Frist von drei Tagen zur Stellungnahme. Selbst wenn die Ersatzmitglieder verhindert gewesen sein sollten, hätte Frau C noch zuwarten können, wenn sie die beiden berufenen Betriebsratsmitglieder nicht sofort erreicht hätte. Denn eine sofortige Entscheidung war nicht geboten und auch nicht zulässig.

Somit waren die Beschlussfassungen vom 14.12.2011 und vom 20.12.2011 nichtig. Sind nämlich der Betriebsratsvorsitzende und auch sein Stellvertreter verhindert, nehmen die verbleibenden bzw. nachrückenden Mitglieder nicht ohne weiteres die Aufgaben des Betriebsratsvorsitzenden wahr. Vielmehr ist innerhalb des Betriebsrats die Vertretung gegebenenfalls ad hoc durch einen Beschluss zu regeln. Auch hierzu bedarf es einer Sitzung unter Beteiligung der Betriebsratsmitglieder sowie der nach den gesetzlichen Regelungen hinzuzuziehenden Ersatzmitgliedern. Vorliegend war nicht ersichtlich, dass eine solche Regelung hinsichtlich der Übernahme des Betriebsratsvorsitzes durch einen solchen ad hoc-Beschluss getroffen worden wäre.

Nach Ansicht des LArbG Rheinland-Pfalz gelten nämlich die für § 102 BetrVG entwickelten Grundsätze der sog. Sphärentheorie, nach der Mängel in der Willensbildung des Betriebsrats in die Sphäre des Betriebsrats gehören und daher unerheblich sind, nicht im Rahmen des Verfahrens nach § 103 BetrVG.

Ist der Zustimmungsbeschluss des Betriebsrats nichtig, so gelten zugunsten des Arbeitgebers nur die Grundsätze des Vertrauensschutzes, sofern der für die Außenvertretung zuständige Betriebsratsvorsitzende bzw. dessen Stellvertreter dem Arbeitgeber mitteilt, die Zustimmung sei erteilt. Dies war vorliegend nicht der Fall. Insbesondere erfolgte die Zustimmung zur Anhörung vom 15.12.2011 mit dem Zusatz i. A., diejenige vom 20.12.2011 durch drei ordentliche Betriebsratsmitglieder, nicht jedoch durch den Vorsitzenden oder dessen Stellvertreterin. Ein Vertrauensschutz der Arbeitgeberin scheidet damit aus. Die Beklagte musste nämlich bereits Zweifel an einem ordnungsgemäßen Beschluss haben, als sie die Unterschriften unter der Zustimmungserklärung sah. Denn ihr war bekannt, dass der Kläger aus Rechtsgründen und die stellvertretende Vorsitzende urlaubsbedingt nicht an der Betriebsratssitzung teilnehmen konnten. Die Kündigung war somit mangels ordnungsgemäßer Beteiligung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG rechtsunwirksam.

Arbeitgeber sollten somit in Verfahren nach § 103 BetrVG zumindest dann, wenn nicht der zuständige Betriebsratsvorsitzende oder dessen Stellvertreter im Namen des Betriebsratsgremiums die Stellungnahme abgeben, kritisch nachfragen und gegebenenfalls auf eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats hinwirken.

[1] BAG, Urt. v. 22.11.2012 – 2 AZR 732/11 –, juris.

[2] BAG, aaO., Rn. 44 – juris.

[3] BAG, Urt. v. 23.08.1984 – 2 AZR 391/83 – juris.

[4] LArbG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.02.2013 – 9 Sa 340/12 – juris.

[5] LArbG Rheinland-Pfalz, a. a. O., Rn. 29 m.w.N.

Erschienen im: AnwZert ArbR 17/2017 Anm. 1