Wann kommt ein Arbeitgeber in Annahmeverzug? Diese Frage ist in der Regel relativ klar zu beantworten. Aber es gibt auch Fälle, in denen man leicht übersehen kann, dass statt eines wörtlichen ein tatsächliches Angebot vonnöten gewesen wäre, um den Annahmeverzug des Arbeitgebers zu begründen.
Der Arbeitgeber kommt mit der Vergütungszahlung gemäß § 293 BGB in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Wie muss das Angebot jedoch erfolgen? Muss der Arbeitnehmer ein tatsächliches Angebot i.S.d. § 294 BGB abgeben, also dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft in eigener Person zur rechten Zeit, am rechten Ort und in der rechten Weise anbieten? Ein tatsächliches Angebot ist nach der Rechtsprechung des BAG jedenfalls im ungekündigten bzw. unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis erforderlich. Ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers (§ 295 BGB) genügt, wenn der Arbeitgeber ihm zuvor erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen. Nur im Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht das BAG davon aus, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich. Zudem kann ein Angebot der Arbeitsleistung ausnahmsweise nicht erforderlich sein, wenn der Arbeitgeber sich beharrlich weigert, die geschuldete Leistung anzunehmen.
In einem vom LArbG Berlin-Brandenburg zu entscheidenden Fall hatte der Kläger mit anwaltlichen Schreiben vom 23.07.2020 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 6 BGB widersprochen und schriftlich seine vertraglich geschuldete Arbeit angeboten. Aufgrund des nur unzureichenden Informationsschreibens zum Betriebsübergang wurde die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB mit Zugang der Unterrichtung vom 25.03.2020 nicht in Lauf gesetzt, weshalb der Kläger nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts grundsätzlich auch die Vergütung für den Zeitraum 01.07.2020 bis zum 30.04.2021 verlangen konnte. Dies galt allerdings nur, soweit der Kläger der Beklagten seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß angeboten hatte. Da vorliegend jedoch nach den Feststellungen des Gerichts und dem Verständnis des Klägers für den Klagezeitraum ein Arbeitsverhältnis bestanden hatte, und die Arbeitsleistung des Klägers durch die Beklagte nicht abgelehnt worden war, genügte das mit Anwaltsschreiben erfolgte wörtliche Angebot nicht. Erst als die Beklagte dem Kläger Anfang August 2020 mitteilte, dass sich für die Pkw-Überlassung „die Grundlage erübrigt“ habe und dessen Rückgabe bis zum 07.08.2020 forderte, die Grundlage für die Überlassung des Fahrzeugs jedoch der Arbeitsvertrag war, hat die Beklagte hinreichend deutlich gemacht, dass sie das Arbeitsverhältnis nicht mehr als bestehend angesehen habe. Das Gericht gab daher der Klage auf Zahlung des Annahmeverzugslohns erst ab dem 08.08.2020 statt.
Arbeitnehmerberater sollten sorgfältig darauf achten und hinsichtlich des Annahmeverzugs danach differenzieren, ob es sich um ein gekündigtes Arbeitsverhältnis handelt oder um ein noch bestehendes bzw. nach dem Verständnis des Arbeitnehmers noch bestehendes Arbeitsverhältnis handelt. Auch wenn mit einem tatsächlichen Angebot bisweilen unangenehme Situationen am Arbeitsplatz einhergehen können, kann es Arbeitnehmern, die sich auf die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses berufen, nicht erspart werden, ihre geschuldete Arbeitsleistung tatsächlich anzubieten. In Zweifelsfällen sollte daher stets ein tatsächliches Angebot erfolgen, um später unliebsame Überraschungen hinsichtlich des Annahmeverzugslohns zu vermeiden.