Machen wir uns nichts vor: Jeder Beendigungsvergleich mit Abfindungsvereinbarung und jeder Aufhebungsvertrag stellen ein Risiko für den Arbeitnehmer dar, denn dieser geht hierbei immer in Vorleistung.
Der Grundgedanke einer solchen Vereinbarung besteht letztlich darin, dass der Arbeitnehmer auf sein Arbeitsverhältnis verzichtet, sei es durch die Zustimmung zum Beendigungsvergleich im Kündigungsschutzprozess oder durch Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags, er jedoch seine Gegenleistung, beispielsweise die Abfindung oder die während der Freistellung bis zum Beendigungszeitpunkt noch zu zahlenden Gehälter, erst später erhalten wird.
Welche Rechte hat also der Arbeitnehmer, wenn über das Vermögen des Arbeitgebers nach Abschluss des Vergleichs oder des Aufhebungsvertrags das Insolvenzverfahren eröffnet wird? Zu dieser Frage hat sich kürzlich das Thüringer Landesarbeitsgericht1 geäußert, und – um es vorwegzunehmen – es sieht für den Arbeitnehmer nicht gut aus. Arbeitnehmer tragen – so das LArbG Erfurt – bei gerichtlichen Abfindungsvergleichen zur Beendigung des Rechtsstreits und des Arbeitsverhältnisses typischerweise das Risiko der späteren Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. Sie können sich deshalb bei nachträglich eintretender Zahlungsunfähigkeit nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 oder 2 BGB) berufen. Auch eine Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung kommt nur selten in Betracht, weil kaum der Beweis gelingen wird, dass der Schuldner oder dessen Prozessbevollmächtigter wussten oder billigend in Kauf genommen haben, dass der Schuldner zahlungsunfähig sein könnte und durch Verschweigen dieses Umstands die Zustimmung zum Vergleich herbeigeführt haben. Auch ein Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 Alt. 1 BGB oder nach § 326 Abs. 5 BGB scheidet aus.
§ 313 BGB ist bereits tatbestandlich ausgeschlossen, wenn die wesentliche Veränderung gerade in der Verwirklichung eines Risikos besteht, welches nach dem vereinbarten oder typischen Vertragsinhalt derjenige trägt, welcher sich auf den Wegfall oder die Störung der Geschäftsgrundlage beruft.2 Im vom Thüringer Landesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall des Beendigungsvergleichs mit Abfindungsregelung hat sich – so das Gericht – das geschäftstypische Risiko dieses Vergleichs realisiert. Es besteht letztlich darin, dass der Arbeitnehmer in Vorleistung geht und daher typischerweise das Risiko des Ausfalls der Gegenleistung zu tragen hat.
Dies hätte – so das LArbG Erfurt in einer eher theoretischen Überlegung – beispielsweise verhindert werden können, wenn die Zahlung der Abfindung in bar Zug um Zug gegen Abgabe der Zustimmungserklärung zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden wäre. Eine solche Vereinbarung ist der Praxis des gerichtlichen Vergleichsschlusses jedoch kaum durchführbar und wird vermutlich auch ansonsten nicht allzu oft vorkommen.
Wie dem auch sei, sollten bei Vergleichsschluss nur schon geringfügige Anzeichen für eine mögliche Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers erkennbar sein, sollte ein Vergleichsschluss gründlich überdacht werden.