Arbeitgeber, die einen schwerbehinderten Arbeitnehmer außerordentlich kündigen möchten, wissen in der Regel, dass sie das Integrationsamt einschalten müssen, das zunächst die Zustimmung zur Kündigung erteilen muss.

Dass bei der Einholung der Zustimmung der Kündigung und auch danach, d.h. bei Ausspruch der Kündigung, erhebliche Fehlerquellen lauern, sehen viele Arbeitgeber oftmals nicht. Denn die Kündigung muss vom Arbeitgeber unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erklärt werden, wenn sie nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB erfolgt (§ 174 Abs. 5 SGB IX).

Zunächst jedoch kann die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines schwerbehinderten Menschen nach § 174 Abs. 2 SGB IX nur innerhalb von zwei Wochen beantragt werden. Maßgebend ist hierbei der Eingang des Antrags beim Integrationsamt, wobei die Frist in dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. § 174 Abs. 2 SGB IX ist hierbei § 626 Abs. 2 BGB nachgebildet, weshalb insoweit die zu dieser Vorschrift entwickelten Maßstäbe entsprechend gelten.1 Das Integrationsamt hat sodann vom Tag des Eingangs des Antrags an die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen zu treffen, § 174 Abs. 3 Satz 1 SGB IX. Trifft es diese Entscheidung nicht innerhalb dieser Frist, gilt die Zustimmung durch das Integrationsamt als erteilt, § 174 Abs. 3 Satz 2 SGB IX.

Nach § 174 Abs. 5 SGB IX kann die Kündigung auch nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB erfolgen, wenn sie unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erklärt wird. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Kündigung unverzüglich auszusprechen, ist schon zahlreichen Arbeitgebern zum Verhängnis geworden. Denn unverzüglich bedeutet nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“. Dies bedeutet erst einmal, dass nach der erteilten Zustimmung keine neue Zweiwochenfrist zu laufen beginnt. Nach der Rechtsprechung des BAG2 ist bereits nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche ohne das Vorliegen besonderer Umstände grundsätzlich keine Unverzüglichkeit mehr gegeben. Das LArbG Mainz geht sogar nur von einer Frist von drei Tagen aus.3 Dies bedeutet: Gibt das Integrationsamt dem Arbeitgeber seine Zustimmung zur Kündigung bekannt, beginnt damit auch die Frist für den Arbeitgeber, unverzüglich die Kündigung auszusprechen. Besondere Vorsicht ist für Arbeitgeber geboten, wenn die Zustimmung kraft Fiktion nach § 174 Abs. 3 Satz 2 SGB IX erteilt wird, wenn das Integrationsamt also innerhalb von zwei Wochen ab Antragstellung keine Entscheidung getroffen hat. Zwar wird der Arbeitgeber in der Regel auch in diesem Fall über die Zustimmungserteilung kraft Fiktion schriftlich informiert. Jedoch erreicht dieses Schreiben den Arbeitgeber oftmals erst einige Tage nach Eintritt der Fiktionswirkung. Tatsächlich beginnt bei der Zustimmung kraft Fiktion nach § 174 Abs. 3 Satz 2 SGB IX die Überlegungsfrist des Arbeitgebers jedoch bereits am 15. Tag nach dem Eingang des Antrags beim Integrationsamt zu laufen4, weshalb das BAG vom Arbeitgeber erwartet, sich beim Integrationsamt zu erkundigen, ob es innerhalb der Frist des § 174 Abs. 3 Satz 1 SGB IX eine Entscheidung getroffen hat.5

Arbeitgeber können sich daher bei Beantragung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers gerade in Anbetracht des fingierten Zustimmungsbescheids nach § 174 Abs. 3 SGB IX nicht darauf verlassen, vom Integrationsamt in jedem Fall rechtzeitig informiert zu werden. Auch darf ein Arbeitgeber, dem die Zustimmung mündlich bekannt gegeben worden ist, nicht abwarten, bis ihm der schriftliche Bescheid zugegangen ist.6 Es besteht hier vielmehr die Obliegenheit zur frühzeitigen aktiven Erkundigung, wobei sodann schnelles, d.h. unverzügliches, Handeln gefordert ist.

Fußnoten

1)Vossen in: Ascheid/Preis/Schmidt § 174 SGB IX Rn. 7 mit weiteren Nachweisen.

2)BAG, Urt. v. 27.02.2020 – 2 AZR 390/19.

3)LArbG Mainz, Beschl. v. 05.10.2005 – 10 TaBV 22/05; LArbG Mainz, Urt. v. 13.02.2014 – 5 Sa 262/13 – NZA-RR 2014, 352.

4)Vossen in: Ascheid/Preis/Schmidt § 174 SGB IX Rn. 21a.

5)BAG, Urt. v. 19.04.2012 – 2 AZR 118/11.

6)Rolfs in: Erfurter Kommentar, 22 Aufl., § 174 SGB IX Rn. 7.

(AnwZert ArbR 2022)