Ausschlussfristen sind in nahezu jedem Arbeitsvertrag und Tarifvertrag enthalten. Da viele Arbeitnehmer die Bedeutung solcher Ausschlussfristen nicht kennen, ist es die – haftungsträchtige – Aufgabe des Beraters, diese Fristen zu wahren. Hierbei sind die Ausschlussfristen bisweilen recht knapp bemessen, rechnet man noch hinzu, dass Mandanten oftmals erst nach Wochen des Zuwartens einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung einer Forderung beauftragen. Das BAG hat kürzlich eine Entscheidung zur Wahrung von Ausschlussfristen veröffentlicht1, die das starre Fristenregiment in Einzelfällen etwas lockert.

Nach dieser Entscheidung des BAG ist eine Ausschlussfrist in entsprechender Anwendung des § 203 Satz 1 BGB gehemmt, solange die Parteien vorgerichtliche Vergleichsverhandlungen führen. Hierbei wird der Zeitraum, während dessen die Vergleichsverhandlungen andauern, entsprechend § 209 BGB in die Ausschlussfrist nicht eingerechnet. Hingegen soll § 203 Satz 2 BGB, nach dem die Verjährung frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung eintritt, auf arbeitsvertragliche Ausschlussfristen keine entsprechende Anwendung finden.

In dem vom BAG zu entscheidenden Fall hatte der Kläger von der Beklagten die Abgeltung von 32 Urlaubstagen mit einem Gesamtbetrag von 6.387,52 Euro brutto sowie eine Überstundenvergütung i.H.v. 4.671,88 Euro brutto, die sich bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, dem 31.07.2015, auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers angesammelt hatten, geltend gemacht. Nach dem Arbeitsvertrag des Klägers waren Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zur Vermeidung ihres Verfalls innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich gegenüber der Gegenseite geltend und bei Ablehnung innerhalb von weiteren drei Monaten ab Zugang der Ablehnung bei Gericht anhängig zu machen. Die Beklagte lehnte zwar die Zahlung ab, signalisierte jedoch, dass sie eine einvernehmliche Lösung anstrebe. In der Folgezeit blieben die von den beauftragten Rechtsanwälten geführten Vergleichsverhandlungen, die bis zum 25.11.2015 dauerten, jedoch erfolglos. Der Kläger erhob daraufhin am 21.01.2016 Klage.

Die Vorinstanz2 vertrat die Ansicht, die Ansprüche des Klägers seien verfallen, da dieser sie nicht fristgerecht innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht habe. Das BAG hat jedoch entschieden, dass der Kläger die dreimonatige Ausschlussfrist zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche gewahrt hat, weil diese für die Dauer der Vergleichsverhandlungen entsprechend § 203 Satz 1 BGB gehemmt war.3

Offen bleibt damit immer noch die vom BAG zu entscheidende Frage, ob Verfallklauseln insgesamt unwirksam sind, weil sie den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich aus ihrem Anwendungsbereich herausnehmen. Aufgrund der vom BAG angenommenen Hemmung der Vergleichsverhandlungen hatte das BAG dies nicht mehr zu entscheiden.

Fußnoten

1) BAG, Urt. v. 20.06.2018 – 5 AZR 262/17 – Pressemitteilung des BAG Nr. 32/18.
2) LArbG Nürnberg, Urt. v. 09.05.2017 – 7 Sa 560/16.
3) BAG, Urt. v. 20.06.2018 – 5 AZR 262/17 – Pressemitteilung des BAG Nr. 32/18.

Erschienen im: AnwZert ArbR 14/2018 Anm. 1