Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist die kalendermäßige sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages bis zur Dauer von zwei Jahren bei einer höchstens dreimaligen Verlängerung des Arbeitsvertrags zulässig. Eine solche Befristung ist jedoch unzulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat, § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG.

Im Jahr 2011 entschied das BAG in zwei Fällen [1], dass der Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ohne Sachgrund bis zu zwei Jahre zu befristen, ein früheres Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit demselben Arbeitgeber nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG entgegen steht, wenn das Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses mehr als drei Jahre zurückliegt.

Seither haben viele Arbeitgeber ungeachtet der zu dieser Rechtsprechung vielfach geäußerten Kritik durch die Instanzgerichte und das Schrifttum von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Arbeitnehmer, die länger als drei Jahre zuvor bei Ihnen beschäftigt waren, wieder befristet nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ohne Sachgrund zu beschäftigen.

In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Gerichte dieser Rechtsprechung nicht gefolgt. So hat beispielsweise in Jahr 2014 das LArbG Baden-Württemberg (7. Kammer) [2] festgestellt, dass entgegen der Ansicht des BAG das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zeitlich unbeschränkt bestehe. Dies ergebe bereits seine Auslegung im Lichte der vom Bundesverfassungsgericht für die Auslegung von Gesetzen aufgestellten Grundsätze. Ende 2016 hat sodann die 17. Kammer des LArbG Baden-Württemberg[3] festgestellt, dass das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zeitlich uneingeschränkt bestehe und sich auf die ursprüngliche BAG-Rechtsprechung vom 13. Mai 2004[4] bezogen. Ebenfalls im Jahr 2016 hat sodann das LArbG Niedersachsen (9. Kammer) festgestellt, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG keine zeitliche Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbots enthalte.[5]

Die 6. Kammer des LArbG Niedersachsen hat sich nunmehr in einer aktuellen Entscheidung[6] ebenfalls in den Kreis der Kritiker eingereiht. Neben der Annahme der Existenz eines zeitlich unbegrenzten Vorbeschäftigungsverbots ging das LArbG Niedersachsen jedoch noch weiter. Es stellte nämlich fest, dass das Vertrauen des Arbeitgebers auf den Fortbestand der Rechtsprechung des 7. Senats des BAG aus dem Jahr 2011 zum zeitlich begrenzten Vorbeschäftigungsverbot nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht schutzwürdig sei.

Die vom BAG in dessen Entscheidungen vorgenommene Auslegung des § 14 TzBfG teilte das LArbG Niedersachsen nicht. Vielmehr sei § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG dahingehend auszulegen, dass eine sachgrundlose Befristung auch dann ausscheidet, wenn das Ende eines vorangegangenen Arbeitsverhältnisses länger als drei Jahre zurückliegt. Die Vorschrift sei vielmehr als uneingeschränktes Anschlussverbot auszulegen. Bereits der Wortlaut spreche für ein zeitlich unbeschränktes Anschlussverbot, was sich aus der Verwendung der Formulierung „bereits zuvor“ durch den Gesetzgeber ergebe. Auch sei die Gesetzgebungsgeschichte zu berücksichtigen, nach der nach dem Willen des Gesetzgebers eine sachgrundlose Befristung nur bei einer „Neueinstellung“[7] zulässig sei. Hierbei sei unter Neueinstellung die „erstmalige Beschäftigung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber“ zu verstehen.[8]

Aufgrund der vielfältig geäußerten Kritik konnte sich die beklagte Arbeitgeberin in der vor dem LArbG Niedersachsen[9] anhängigen Entfristungsklage über das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses auch nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen in die Fortführung dieser Rechtsprechung berufen. Denn ein solch schutzwürdiges Vertrauen besteht nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts dann nicht, „wenn diese Rechtsprechung, von der abgewichen werden soll, auf so erhebliche Kritik gestoßen ist, dass der unveränderte Fortbestand dieser Rechtsprechung nicht gesichert erscheinen konnte.“[10]

Vorliegend sei – so das LArbG Niedersachsen – die Entscheidung des BAG vom 6. April 2011[11] von Anfang an erheblicher Kritik ausgesetzt gewesen. Bereits im Jahr 2014 erging der Vorlagebeschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig zu dieser Frage und diverse Landesarbeitsgerichte versagten dem BAG unter Zulassung der Revision die Gefolgschaft. Außerdem stieß die Entscheidung des BAG auch im Schrifttum auf deutliche Kritik. Die Beklagte konnte daher im Zeitpunkt des Abschlusses des letzten befristeten Vertrages im Januar 2016 nicht mehr darauf vertrauen, dass die BAG-Rechtsprechung unverändert fortbestehen würde.

Angesichts der Entscheidung des LArbG Niedersachsen wird es für einen Arbeitgeber, der ein Arbeitsverhältnis sachgrundlos gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG befristen will, obwohl der Arbeitnehmer bereits zuvor in einem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zu im gestanden hat, zunehmend schwieriger, sich auf Vertrauensschutzgesichtspunkte zu berufen, wenn das vom Arbeitnehmer angerufene Gericht der Rechtsprechung des BAG zum zeitlich begrenzten Vorbeschäftigungsverbot nicht folgen will. Arbeitgeber sollten daher vor Abschluss eines befristeten Vertrages mit einem bereits zuvor bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer über die aktuelle – Kritik übende – Rechtsprechung zum Vorbeschäftigungsverbots und dem damit drohenden Verlust des Vertrauensschutzes sowie auf die Gefahr, im Rahmen einer Entfristungsklage zu unterliegen, informiert werden.

[1] BAG, Urt. v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 –, BAGE 137, 275-291 – juris; BAG, Urt. v. 21.08.2011 – 7 AZR 375/10 –, BAGE 139, 213-225 – juris.

[2] LArbG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.02.2014 – 7 Sa 64/13 – juris.

[3] LArbG Baden-Württemberg, Urt. v. 16.11.2016 – 17a Sa 14/16 – juris.

[4] BAG, Urt. v. 13.05.2004 – 2 AZR 426/03 – juris.

[5] LArbG Niedersachsen, Urt. v. 16.02.2016 – 9 Sa 376/15 – juris.

[6] LArbG Niedersachsen, Urt. v. 20.07.2017 – 6 Sa 1125/16 – juris.

[7] BT-Drs. 14/4374 S. 14.

[8] BT-Drs. 14/4374 S. 14.

[9] LArbG Niedersachsen, Urt. v. 20.07.2017 – 6 Sa 1125/16 – juris.

[10] LArbG Niedersachsen, a.a.O. mit Verweis auf BverfG, Beschl. v. 26.06.1991 – 1 BvR 779/85 – Rn. 83 – juris.

[11] BAG, Urt. v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 –, BAGE 137, 275-291 – juris.

 

Erschienen im: AnwZert ArbR 19/2017 Anm. 1