Mittlerweile dürfte sich herumgesprochen haben, dass zur Wahrung von Ausschlussfristen die Ansprüche auch in Textform, also auch per E-Mail, geltend gemacht werden können. Dass dies jedoch äußerst risikobehaftet sein kann, zeigt ein Urteil des LArbG Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2018.1
Hier hatte die Klägerin nach eigenem Vortrag zwar ihren Anspruch auf Entgeltfortzahlung und restliche Urlaubsabgeltung durch eine E-Mail vom 04.07.2017 geltend gemacht, wobei sie aufgrund der dreimonatigen Ausschlussfrist noch Zeit bis zum 30.09.2017 gehabt hätte. Der Beklagte reagierte jedoch nicht. Unter dem 27.09.2017 erhob die Klägerin daraufhin Klage, die dem Beklagten am 04.10.2017 zugestellt wurde. Im Verfahren berief sich der Beklagte auf den Verfall der Forderung; die E-Mail der Klägerin liege ihm nicht vor. Das Gericht entschied, dass durch die E-Mail der Klägerin die Ausschlussfrist nicht gewahrt worden sei, denn die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass die E-Mail dem Beklagten auch zugegangen sei. Aufgrund des bestrittenen Zugangs durch den Beklagten wäre es an der Klägerin gewesen, den Zugang der E-Mail gemäß § 130 BGB darzulegen und zu beweisen. Denn allein die Absendung einer E-Mail begründe noch keinen Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger.2 Auch durch ihre Klage vom 27.09.2017 konnte die Klägerin die Ausschlussfrist nicht mehr wahren. Denn obwohl die erste Stufe einer doppelten Ausschlussfrist auch durch die Erhebung einer Klage gewahrt werden kann, kommt es in diesem Fall jedoch hinsichtlich des Zugangs auf die Zustellung der Klage beim Vertragspartner an – nicht jedoch wie sonst bei einer Klage auf den Eingang bei Gericht, § 167 ZPO.3
Kurz und gut: Der Anspruch der Klägerin war verfallen. Denn nicht jede E-Mail erreicht den Adressaten. Und es ist nahezu unmöglich, den Zugang einer E-Mail zu beweisen, wenn der Adressat den Zugang der E-Mail bestreitet. Es bleibt dann leider nur der gute alte Weg, das Schreiben so zu versenden, dass auch der Zugang sichergestellt werden kann, etwa per Bote oder als Einschreibebrief.
- LArbG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.08.2018 – 2 Sa 403/18. ↩︎
- LArbG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.08.2018 – 2 Sa 403/18 Rn. 39 mit weiteren Nachweisen. ↩︎
- Vgl. BAG, Urt. v. 16.03.2016 – 4 AZR 421/15. ↩︎