Seit der Entscheidung des BAG, dass ein Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, ein Zeugnis mit einer Schlussformel zu versehen, in der er Aussagen über seine persönliche Empfindungen macht, z.B. seinem Bedauern Ausdruck verleiht oder Dank für die Zusammenarbeit und seine guten Wünsche ausspricht,1 drängen Arbeitnehmervertreter bei Abschluss eines Vergleichs in der Regel darauf, in den Vergleichstext auch die Verpflichtung des Arbeitgebers aufnehmen zu lassen, das Zeugnis mit einer entsprechenden Dankes-, Bedauerns- und Gute-Wünsche-Formel zu versehen.
Besser wäre es natürlich, im Vergleich sofort den gesamten Zeugnistext niederlegen zu können – aber welcher Mandant hat schon in der Güteverhandlung einen sorgfältig ausgearbeiteten Zeugnistext parat? So hoffen Mandant und Prozessbevollmächtigter, dass das Zeugnis ordnungsgemäß erteilt werden wird und auch die Schlussformel ordentlich aussieht. Was allerdings, wenn die Schlussformel dennoch fehlt oder einfach grottenschlecht formuliert ist? In diesem Fall wird in der Regel auf die Vollstreckung des zugesagten Zeugnisses gedrungen. Ist jedoch beispielsweise folgende im Vergleich zum Zeugnis aufgenommene Formulierung vollstreckbar?
„Der Beklagte erteilt der Klägerin ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, in welchem Leistung und Verhalten im Einzelnen und zusammenfassend mit der Note „gut“ bewertet werden. Das Zeugnis endet mit der üblichen Dankes- und Bedauernsformel und mit den besten Wünschen für ein weiteres berufliches und persönliches Fortkommen.“2
Das LArbG Berlin-Brandenburg3 sagt „Ja“ und führt hierzu aus, dass die Vereinbarung, wonach ein Zeugnis mit der „üblichen Dankes- und Bedauernsformel“ erteilt wird, eine hinreichend bestimmte Grundlage zur Durchsetzung einer Dankes- und Bedauernsformulierung im Zeugnis im Wege der Zwangsvollstreckung darstellt. Die „Dankes- und Bedauernsformel“ sei nämlich ein gängiger Begriff für eine abschließende Formulierung im Zeugnis4. Dank bedeutet „wir danken Ihnen für die geleistete Arbeit“, Bedauern bedeutet „wir bedauern Ihr Ausscheiden“ – so das LArbG Berlin-Brandenburg. Verweist der Vergleich daher auf eine „übliche“ Formel, so wird damit eine solche gängige und nicht von den gebräuchlichen Formulierungen abweichende Formulierung festgelegt. Das Landesarbeitsgericht geht sogar noch weiter, indem es sagt: „Auch wenn nur eine Dankes- und Bedauernsformel ohne weiteren Zusatz vereinbart wäre, wäre dies im Sinne einer üblichen Dankes- und Bedauernsformulierung zu verstehen.“ Daher sei auch für das Vollstreckungsgericht feststellbar, ob eine solche Dankes- und Bedauernsformel am Ende des Zeugnisses eingefügt wurde oder nicht.
Ich denke, dies ist eine willkommene Unterstützung für alle Arbeitnehmervertreter, die auf Wunsch des Mandanten noch „rasch ein gutes Zeugnis“ mitvergleichen sollen, aber keinen fertig ausformulierten und abgestimmten Zeugnistext in Händen halten.
Was ist aber jetzt mit den getackerten und geknickten Zeugnissen, die – scheinbar lieblos – vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer in der Größe eines üblichen Geschäftsbriefs übersandt werden? Arbeitnehmer empfinden dies bisweilen – je nach dem Ausmaß der geführten Streitigkeiten – als weitere Provokation.
Das LArbG Mainz führt hierzu ganz lapidar aus: „Der Kläger hat keinen Anspruch auf ein ungeknicktes und ungetackertes Arbeitszeugnis.“5 Das Landesarbeitsgericht schließt sich hiermit der Rechtsprechung des BAG6 an, wonach ein Arbeitgeber den Zeugnisanspruch des Arbeitnehmers auch in der Weise erfüllt, dass er das Zeugnis zweimal faltet, um den Zeugnisbogen in einen Geschäftsumschlag üblicher Größe unterzubringen. Jedoch macht das BAG hier zwei Einschränkungen: Das Originalzeugnis muss kopierfähig sein und die Knicke im Zeugnisbogen dürfen sich nicht auf den Kopien abzeichnen, beispielsweise durch Schwärzungen.7
1) BAG, Urt. v. 11.12.2012 – 9 AZR 227/11 Rn. 13 ff. – BAGE 144, 103.
2) LArbG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05.04.2018 – 9 Ta 1625/17 Rn. 2.
3) LArbG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05.04.2018 – 9 Ta 1625/17.
4) LArbG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05.04.2018 – 9 Ta 1625/17 m.V. auf. z.B. Huber/Müller, Das Arbeitszeugnis in Recht und Praxis, 16. Aufl. 2016, S. 80: die „sog. Dankes- und Bedauernsformel“, auch „Schlussfloskel“ genannt, vgl. auch Schleßmann, Das Arbeitszeugnis, 22. Aufl. 2018, Rn. 394
5) LArbG Mainz, Urt. v. 09.11.2017 – 5 Sa 314/17 Rn. 50.
6) BAG, Urt. v. 21.09.1999 – 9 AZR 893/98.
7) BAG, Urt. v. 21.09.1999 – 9 AZR 893/98.
Erschienen im: AnwZert ArbR 16/2018 Anm. 1