Gerade von Arbeitgebern ist häufig der Satz zu hören: Muss der Betriebsrat bei solchen Kleinigkeiten wirklich mitbestimmen? Warum kann ich diese Angelegenheit als Arbeitgeber nicht allein entscheiden, wo es sich doch um eine alltägliche Selbstverständlichkeit handelt?

Basierend auf diesem Gedanken hat eine Arbeitgeberin sich mit ihrem Betriebsrat darüber gestritten, ob dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zusteht, wenn die Arbeitgeberin vorher händisch erfasste Anwesenheitszeiten der Arbeitnehmer nunmehr unter Verwendung von Microsoft Excel tabellarisch erfassen will. Das hierzu angerufene Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben, die Arbeitgeberin zu verpflichten, es zu unterlassen, ohne Zustimmung des Betriebsrats in einer Excel-Tabelle diesbezügliche Einträge vorzunehmen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde unterlag die Arbeitgeberin vor dem Landesarbeitsgericht, das eine Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat. Auch ihre dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hatte vor dem BAG mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage keinen Erfolg.1 Denn das BAG hielt die Rechtsfrage höchstrichterlich bereits für entschieden.

Folgende Rechtsfrage lag dem BAG zur Beantwortung vor:

„Ist § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dahin gehend auszulegen, dass selbst bei der Verwendung alltäglicher Standardsoftware, wie etwa dem Programm Microsoft Excel, bereits die bloße Erleichterung schlichter Additionsvorgänge oder die bloße Möglichkeit der Verwendung von Funktionen, die allenfalls eine ebenso händisch mögliche Auswertung erleichtern, für die Annahme ausreicht, dass diese Standardsoftware zur Überwachung bestimmt ist, ohne dass hier zumindest eine gewisse Geringfügigkeitsschwelle überschritten werden muss?“2

Das BAG hielt diese Frage nicht für klärungsbedürftig und begründete dies wie folgt: § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG sehe ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats u.a. vor bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt seien, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Hierbei diene ein datenverarbeitendes System der Überwachung von Verhalten und Leistung der Arbeitnehmer, wenn es individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten selbst erhebe und aufzeichne, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die erfassten und festgehaltenen Daten auch auswerten oder verwenden will. Der Begriff „Überwachung“ werde in diesem Zusammenhang sowohl als das Sammeln als auch das Auswerten von Informationen verstanden.3

Bereits im Jahr 2012 hatte das BAG allerdings entschieden, dass der Einsatz des Datenverarbeitungssystems SAP ERP zur Personalverwaltung der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unterliegt.4 Für andere softwarebasierte Personalverwaltungssysteme könne daher – so das BAG – nichts anderes gelten. Auch der Umstand, dass es sich bei dem streitbefangenen Programm um alltägliche Standardsoftware handele, nämlich das Tabellenkalkulationsprogramm Microsoft Excel als Bestandteil des Office-Pakets, ändere an dieser Betrachtungsweise nichts. Denn auch bei dem SAP-Programm handele es sich um ein Standardsoftwareprodukt.

Auch sei es als Voraussetzung für das Mitbestimmungsrecht nicht erforderlich, dass mit der „Bestimmung zur Überwachung“ (i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) eine Geringfügigkeitsschwelle überschritten werde. Denn das Mitbestimmungsrecht sei nun einmal darauf gerichtet, Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts durch den Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu bewahren, die nicht durch schützenswerte Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt und unverhältnismäßig seien. Werden Informationen über Arbeitnehmer bei der Erbringung ihrer Arbeitsleistung auf technischem Wege ermittelt und aufgezeichnet, bestehe – so das BAG – generell die Gefahr, dass Arbeitnehmer zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht werden. Vor diesen Gefährdungen sollen Arbeitnehmer durch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats geschützt werden.5 Dass der Arbeitgeber hiermit zunächst eine Erheblichkeits- oder Üblichkeitsschwelle überschreiten müsse, um das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auszulösen, sei nicht vorgesehen. Denn die mit einer digitalen Personalverwaltung erfassten Daten stehen ohnehin, und zwar unabhängig von der genutzten Software, für Verarbeitungsvorgänge zur Verfügung, die sodann für eine Überwachung genutzt werden könnten.

Arbeitgeber werden sich daher damit abfinden müssen, dass auch die Erfassung von Informationen hinsichtlich des Verhaltens und der Leistung der Arbeitnehmer mittels Standardsoftware der Mitbestimmung unterliegt, unabhängig davon, ob es sich um speziell hierfür gefertigte Programme oder um Software aus dem Office-Paket handelt. Selbst wenn bislang lediglich händisch erfasste Listen nunmehr mit einem Tabellenkalkulationsprogramm geführt werden, hat der Betriebsrat mitzubestimmen. Denn Ziel des Mitbestimmungsrechts ist in erster Linie auch ein präventiver Schutz vor unzulässigen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer. Durch das dem Betriebsrat eingeräumte Mitbestimmungsrecht wird gleichzeitig auch dessen Recht gesichert, gemeinsam mit dem Arbeitgeber zu beurteilen, ob tatsächlich eine Geringfügigkeitsgrenze überschritten ist oder nicht. Das Überschreiten einer Geringfügigkeitsgrenze kann daher nicht Voraussetzung für das Mitbestimmungsrecht an sich sein.

Fußnoten

1) BAG, Beschl. v. 23.10.2018 – 1 ABN 36/18.
2) BAG, Beschl. v. 23.10.2018 – 1 ABN 36/18 Rn. 5.
3) BAG, Beschl. v. 25.09.2012 – 1 ABR 45/11 Rn. 21.
4) BAG, Beschl. v. 25.09.2012 – 1 ABR 45/11.
5) BAG, Beschl. v. 13.12.2016 – 1 ABR 7/15 Rn. 21.