Es ist nicht leicht, eine Stellenausschreibung absolut diskriminierungsfrei zu formulieren. Wenn die Stellenausschreibung jedoch allzu offensichtlich ältere Arbeitnehmer davon abhalten soll, sich zu bewerben, muss der Arbeitgeber in einem Klageverfahren auf Entschädigung wegen Altersdiskriminierung schon einiges mehr vortragen als die Aussage, die Bewerbung habe ihn irgendwie nicht angesprochen.

Das LArbG Kiel1 hat in der nachfolgenden, von einem Lobbyverband für Haus- und Grundbesitzer formulierten Stellenausschreibung im Internetportal X einen ganz offensichtlichen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung gesehen.

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Die Stellenausschreibung zeigte außerdem ein Bild der Mitarbeiter der Geschäftsstelle des Lobbyverbands, die allesamt nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht älter als 40 Jahre alt waren.

Der 1961 geborene Rechtsanwalt bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle, erhielt jedoch eine Absage. Der Lobbyverband lud stattdessen fünf Bewerberinnen zum Bewerbungsgespräch und besetzte die Stelle letztendlich mit einer ca. 30 Jahre alten Frau. Der abgelehnte Bewerber machte gegenüber dem beklagten Lobbyverband einen Entschädigungsbetrag in Höhe eines Bruttomonatsgehalts, von ihm geschätzt auf 2.950 Euro, geltend und verfolgte knapp zwei Monate später beim Arbeitsgericht sein Anliegen weiter. Er behauptete, er sei wegen seines Alters bei der Bewerbung nicht berücksichtigt worden. Der Beklagte behauptete, das Alter des Klägers habe bei der zu besetzenden Stelle keine Rolle gespielt. Seine Bewerbung sei vielmehr „lieblos und blutleer“ gewesen und habe keinen Bezug zu den Aufgaben des Lobbyverbands hergestellt. Das Arbeitsgericht, ebenso wie das LArbG Kiel, gaben dem Entschädigungsanspruch des Klägers in der geltend gemachten Höhe statt.

Das LArbG Kiel2 betonte hierbei, dass dann, wenn eine Stellenausschreibung aus mehreren Gründen ganz offensichtlich gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstößt, die Anforderungen an den Vortrag des Arbeitgebers dazu, dass das Alter des Bewerbers bei der Besetzungsentscheidung überhaupt keine Rolle gespielt habe und nicht einmal mitursächlich für die Absage gewesen sei, gegenüber den an sich schon strengen Anforderungen des BAG noch einmal verschärft ist.

Nach dem Inhalt der Stellenausschreibung ergebe sich die Vermutung einer Diskriminierung des Klägers im Auswahlverfahren wegen seines Alters aus mehreren Umständen: Zunächst einmal werde in der Stellenausschreibung ein Rechtsanwalt für ein „junges Team“ gesucht. Sodann erfolge die Angabe in der Stellenbeschreibung, dass jemand in der Karrierestufe als „Berufseinsteiger“ gesucht werde. Dies bewirke eine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters i.S.v. § 3 Abs. 2 AGG.3 Schließlich verstärke das neben der Stellenausschreibung veröffentlichte Bild des jungen Teams der Beklagten die Indizwirkung.

Zwar könne der Arbeitgeber die Vermutung, er habe den Kläger wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt, dadurch widerlegen, dass er substantiiert vorträgt und im Bestreitensfalle beweist, dass er bei der Behandlung der Bewerbungen einem bestimmten Verfahren gefolgt sei, demzufolge eine Benachteiligung auszuschließen sei. Allerdings genüge der Vortrag des Beklagten diesen Anforderungen nicht. Vielmehr habe der Beklagten nach seinem eigenen Vortrag bei der Auswahlentscheidung andere als die in der Stellenausschreibung zum Ausdruck gekommene Kriterien angelegt und ausgehend von dieser Kriterienliste eine Auswahlentscheidung im Hinblick auf soziales Engagement und Teamfähigkeit etc. getroffen. Angesichts dessen hätte der Beklagte substantiiert vortragen müssen, dass die maßgeblichen Anforderungen von ihm nicht nur vorgeschoben waren – so das LArbG Kiel4. Denn aus Sicht des Landesarbeitsgerichts waren die Anforderungen an den diesbezüglichen Vortrag noch verschärft, weil die Stellenausschreibung so offensichtlich altersdiskriminierend war.

Für Entschädigungsverfahren nach dem AGG gilt daher: Je offensichtlicher die Diskriminierung, umso höher die Anforderungen an den Vortrag des Arbeitgebers.

Ferner seien in diesem Zusammenhang noch einmal kurz zwei Fristen in Erinnerung gerufen:

Nach § 15 Abs. 4 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder 2 innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Hierbei beginnt die Frist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

Nach § 61b Abs. 1 ArbGG muss die Entschädigungsklage nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden.

Fußnoten

1) LArbG Kiel, Urt. v. 21.11.2017 – 1 Sa 312/17.
2) LArbG Kiel, Urt. v. 21.11.2017 – 1 Sa 312/17 LS.
3) BAG, Urt. v. 19.05.2016 – 8 AZR 470/14.
4) LArbG Kiel, Urt. v. 21.11.2017 – 1 Sa 312/17 Rn. 67.

Erschienen im: AnwZert ArbR 5/2018 Anm. 1