Praktika sind wichtig. Geben sie doch Einblick in einen Beruf oder sind eine Orientierung zur Berufsausbildung. In vielen Studiengängen sind begleitende Praktika vorgeschrieben – wer weiß das besser als wir Juristen?

Wann jedoch hat ein Praktikant Anspruch auf den Mindestlohn? Mit dieser Frage hatte sich das BAG1 auseinanderzusetzen und hat Anfang 2019 mit seiner Entscheidung für weitere Klarheit gesorgt. Es ging hierbei im Wesentlichen um die Frage, ob ein die Grenze von drei Monaten überschreitendes Praktikum selbst dann den Anspruch des Praktikanten auf Mindestlohn gemäß § 22 MiLoG begründet, wenn das Praktikum auf Wunsch des Praktikanten mehrfach unterbrochen und fortgesetzt wurde und somit faktisch zwar länger als drei Monate, gemessen an der reinen Arbeitszeit bzw. der Anzahl der Arbeitstage tatsächlich jedoch kürzer als drei Monate gedauert hat. Doch zunächst einmal der Reihe nach:

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG findet das Mindestlohngesetz u.a. dann keine Anwendung, wenn es sich um ein Pflichtpraktikum nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG handelt. Ferner greift das Mindestlohngesetz u.a. nicht bei einem freiwilligen Praktikum nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 MiLoG , das zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums geleistet wird, und das – das ist wichtig – nur maximal drei Monate dauert.

In dem vom BAG zu entscheidenden Fall hatte die Klägerin mit der Betreiberin einer Reitanlage ein dreimonatiges Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung zur Pferdewirtin vereinbart. Das Praktikum begann am 06.10.2015 und die Klägerin tat nach Kräften das, was ein Praktikant zur Unterstützung der in der Reitanlage Beschäftigten leisten konnte: Sie putzte und sattelte die Pferde, brachte sie zur Weide und holte sie wieder ab, fütterte sie und half bei der Stallarbeit. Vom 03. bis 06.11.2015 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 20.12.2015 verabschiedete sich die Klägerin in Absprache mit der Beklagten in ihren Weihnachts-Familienurlaub und einigte sich während des Urlaubs mit der Beklagten darauf, dass sie erst am 12.01.2016 in das Praktikum bei der Beklagten zurückkehrt, weil sie in der Zwischenzeit noch auf anderen Pferdehöfen Schnuppertage verbringen wollte. Das Praktikum endete sodann am 24.01.2016.

Eine Vergütung wurde der Klägerin nicht gezahlt. Die Klägerin hat später von der Beklagten eine Praktikumsvergütung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns von insgesamt 5.491 Euro brutto gefordert. Sie vertrat die Ansicht, die zulässige Höchstdauer von drei Monaten sei überschritten, weshalb ein Vergütungsanspruch nach dem Mindestlohngesetz bestehe. Das BAG schloss sich jedoch der Meinung des LArbG Düsseldorf2 an, dass ein Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht in Betracht komme. Denn unter Herausrechnung der auf Wunsch der Klägerin erfolgten Zeiten der Unterbrechung des Praktikums habe das Praktikum letztlich nicht länger als drei Monate gedauert.

Das BAG stellte klar, dass Unterbrechungen des Praktikums zulässig sind, wenn „die Praktikantin hierfür persönliche Gründe hat und die einzelnen Abschnitte sachlich und zeitlich zusammenhängen.“3 Im vorliegenden Fall wurde auf Wunsch der Praktikantin das Praktikum wegen ihrer Arbeitsunfähigkeit und sodann später wegen des Erholungsurlaubs und weiterer Schnuppertage jeweils für wenige Tage unterbrochen und im Anschluss daran unverändert fortgesetzt. Ein Anspruch auf Mindestlohn ist aufgrund der daraus resultierenden Überschreitung der formalen Gesamtdauer des Praktikums über den Zeitraum von drei Monaten hinaus nicht entstanden.

Die Entscheidung des BAG ist äußerst pragmatisch und bringt gerade für Arbeitgeber die gewünschte Klarheit. Dennoch sollten Arbeitgeber stets die Dauer des Praktikums genau im Auge behalten und bei Unterbrechungen, die zur Überschreitung der Höchstdauer von drei Monaten führen, die tatsächlich geleistete Arbeitszeit/Zahl der geleisteten Arbeitstage exakt ermitteln. Denn die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG trägt der Vertragspartner des Praktikanten.4

Doch auch potentiellen Praktikanten nützt dieses Urteil. Vermeidet es doch zukünftig allzu große Zurückhaltung von Arbeitgebern bei der Verlängerung von Praktikumszeiten bei Urlaub oder Arbeitsunfähigkeit des Praktikanten während des Praktikums.

Arbeitgeber sollten dennoch – und gerade in Fällen wie dem vorliegenden – die Arbeitszeiten des Praktikanten sehr sorgfältig dokumentieren, um der späteren Geltendmachung von Vergütungsansprüchen substantiiert entgegentreten zu können.

Fußnoten

1) BAG, Urt. v. 30.01.2019 – 5 AZR 556/17 – Pressemitteilung des BAG Nr. 5/2019.
2) LArbG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2017 – 7 Sa 995/16.
3) BAG, Urt. v. 30.01.2019 – 5 AZR 556/17 – Pressemitteilung des BAG Nr. 5/2019.
4) Franzen in: ErfKomm, § 22 MiLoG Rn. 8 mit Verweis auf Bericht BT-Ausschuss Arbeit und Soziales BT-Drs. 18/2010, S. 24.