Aufhebungsverträge können unter den unterschiedlichsten Umständen geschlossen werden. Wie ist jedoch die Rechtslage, wenn der Aufhebungsvertrag in den eigenen vier Wänden des Arbeitnehmers geschlossen wird oder eine Partei sich während der Verhandlungen nicht fair verhält? Zumeist wird dieser Vorhalt dem Arbeitgeber gegenüber gemacht, indem ihm beispielsweise vorgeworfen wird, er habe mit einer Kündigung gedroht, den Arbeitnehmer nicht ausreichend über sozialversicherungsrechtliche Folgen wie zum Beispiel eine drohende Sperrzeit aufgeklärt, ihn überrumpelt, ihm nicht die gewünschte Bedenkzeit eingeräumt, ihn zu Hause aufgesucht und ihn dort zu Unterzeichnung der Aufhebungsvereinbarung gedrängt und einiges mehr.

Das BAG hat sich in einer aktuellen Entscheidung dazu geäußert, wann ein Aufhebungsvertrag nicht fair verhandelt worden ist und ob die Unterzeichnung einer Aufhebungsvereinbarung in der Wohnung des Arbeitnehmers diesen zum Widerruf der Vereinbarung berechtigt.

Zumindest die letzte Frage hat das BAG1 nunmehr beantwortet: Die Tatsache, dass ein Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag in der Privatwohnung eines Arbeitnehmers abgeschlossen wurde, berechtigt diesen nicht zum Widerruf dieses Vertrags. Zwar habe der Gesetzgeber in § 312 Abs. 1 BGB i.V.m. 312g BGB Verbrauchern bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden seien, ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB eingeräumt. Doch trotz der Verbrauchereigenschaft von Arbeitnehmern sei im Gesetzgebungsverfahren der Wille des Gesetzgebers deutlich geworden, arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB einzubeziehen. Damit entfiel im aktuell vom BAG entschiedenen Fall die Möglichkeit für die Arbeitnehmerin, den Aufhebungsvertrag, den sie in ihrer Wohnung mit dem Lebensgefährten der Beklagten unterzeichnet hatte, und der die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Abfindungszahlung vorsah, auf gesetzlicher Grundlage zu widerrufen.

Jedoch trug die Klägerin auch vor, dass sie am Tag des Vertragsschlusses erkrankt gewesen sei. Das BAG verwies die Sache an das LArbG Hannover2 zurück, da dieses nicht geprüft hatte, ob das Gebot des fairen Verhandelns bei Abschluss des Aufhebungsvertrags beachtet wurde. Das Gebot des fairen Verhandelns ist eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht, die verletzt wird, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert. Diese Variante konnte das BAG im vorliegenden Fall nicht ausschließen, da die Beklagte eine krankheitsbedingte Schwäche der Klägerin möglicherweise bewusst ausgenutzt hatte. In diesem Fall hätte die Beklagte Schadensersatz zu leisten mit der Folge der Naturalrestitution. Die Klägerin müsste von der Beklagten sodann so gestellt werden, als sei der Aufhebungsvertrag nie geschlossen worden; sie hätte somit Anspruch auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

Obwohl ein gesetzliches Widerrufsrecht eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags nicht in Betracht kommt, sehen manche Tarifverträge ein tarifvertragliches Widerrufsrecht vor, dessen Frist unabhängig davon zu laufen beginnt, ob der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber auf das Widerrufsrecht hingewiesen wurde.3

Wann hat sich der Arbeitgeber beim Verhandeln der Aufhebungsvereinbarung jedoch fair verhalten? Wie weit muss er den Arbeitnehmer auf mögliche Nachteile der Vereinbarung hinweisen?

In der Regel ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer selbst über die möglichen sozialrechtlichen Folgen einer Aufhebungsvereinbarung hinzuweisen.4 Es genügt, wenn er hinsichtlich eintretender Rechtsfolgen auf die zur Auskunft befugten Stellen verweist, beispielsweise den Rentenversicherungsträger oder die Arbeitsagentur. Gleiches gilt für mögliche steuerrechtliche Nachteile.5 Ist der Arbeitgeber hingegen zur Auskunft oder zu Hinweisen verpflichtet, etwa weil es sich um einen Sachverhalt handelt, der in seinem Verantwortungsbereich gehört, beispielsweise dem betrieblichen Altersruhegeld und atypischen Versorgungschäden, muss er für eine falsche oder unvollständige Auskunft haften.6

Ist ein Aufhebungsvertrag unter widrigen oder atypischen Bedingungen zustande gekommen, sollte eine Anfechtung erwogen werden. In Betracht kommen ein Inhalts-, Erklärungs- oder Eigenschaftsirrtum gemäß § 119 BGB (Irrtum über die Tragweite der Erklärung, über die Abgabe der Erklärung an sich sowie eine verkehrswesentliche Eigenschaft, wobei Schwangerschaft im Normalfall keine solche ist7 ). Auch eine Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung nach § 123 BGB ist immer wieder Gegenstand von arbeitsgerichtlichen Entscheidungen in Fällen, in denen der Arbeitgeber eine Kündigung in Aussicht gestellt hat, falls der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nicht unterschreiben sollte. Jedoch muss die Kündigungsandrohung widerrechtlich sein in dem Sinne, dass ein verständiger Arbeitgeber sie nicht ernsthaft in Erwägung gezogen hätte.8

Ein Aufhebungsvertrag ist allerdings nicht allein deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit noch ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht eingeräumt hat und ihm auch im Vorfeld des beabsichtigten Gesprächs das Thema nicht mitgeteilt hat.9

Die Beweislast trifft hierbei stets diejenige Partei, die den Aufhebungsvertrag anficht, wobei die Anfechtungsfrist zu wahren ist. So muss die Anfechtung in den Fällen des § 119 BGB ohne schuldhaftes Zögern, d.h. unverzüglich, erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat, § 121 BGB. Will eine Partei wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung anfechten, so kann die Anfechtung nur innerhalb eines Jahres erfolgen, § 124 Abs. 1 BGB.

Fußnoten

1) BAG, Urt. v. 07.02.2019 – 6 AZR 75/18 – Pressemitteilung des BAG Nr. 6/2019.
2) Vorinstanzliche Entscheidung des LArbG Hannover, Urt. v. 07.11.2017 – 10 Sa 1159/16.
3) Bengelsdorf in: Moll, Münchner Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, 4. Aufl., § 49 Rn. 400.
4) Bengelsdorf in: Moll, Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, § 49 Rn. 93.
5) LArbG Berlin, Urt. v. 18.01.1999 – 9 Sa 107/98.
6) BAG, Urt. v. 17.10.2000 – 3 AZR 605/99: „Den Arbeitgeber treffen jedenfalls dann erhöhte Hinweis- und Aufklärungspflichten, wenn er im betrieblichen Interesse den Abschluss eines Aufhebungsvertrages vorschlägt, der Arbeitnehmer offensichtlich mit den Besonderheiten der ihm zugesagten Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nicht vertraut ist, sich der baldige Eintritt eines Versorgungsfalles (Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nach längerer Krankheit) bereits abzeichnet und durch die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses außergewöhnlich hohe Versorgungseinbußen drohen (Versicherungsrente statt Versorgungsrente).“
7) BAG, Urt. v. 06.02.1992 – 2 AZR 408/91.
8) BAG, Urt. v. 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06 – BAGE 125, 70.
9) BAG, Urt. v. 30.09.1993 – 2 AZR 268/93 – BAGE 74, 281.